Text ohne Autor
Aus Marek Vosswinkel hätte ein Germanist, mindestens ein Linguist, werden können, doch er wurde lieber Kommunikationsdesigner – und Herausgeber der „Neuen Weltchirurgie“. In seinen Worten ist er einer, der sichtbar macht. Warum weshalb wieso? Wir haben ihn gefragt.

Wie es zur „Neuen Weltchirurgie“ kam? Marek Voßwinkel weiß es bezeichnenderweise nicht mehr. Schöpfungsmythen, Autorenschaft, künstlerische Absichten – all das interessiert ihn eben wenig. Doch aus der Idee, vielmehr dem Impuls, bekannte Texte, vor allem Lieder und Lyrik, Klassiker aus alter und neuerer Zeit, durch das Übersetzungstool der Suchmaschine Google zur schicken und nach einer modifizierenden und dokumentierten Reise durch zahlreiche Sprachen wieder ins Deutsche zurück zu übersetzen, wurde ein Projekt. Ein halbes Jahr lang jagte Marek Voßwinkel bedeutungsvolle Sätze durch Google Translate und war amüsiert, auch fasziniert davon, was die Maschine jenseits aller Deutungszwänge aus ihnen machte. Eine Poesie ohne Sinn? Digitaler Dadaismus? Verfremdung, gar Verunstaltung von hohem Bildungsgut? Auf jeden Fall ein furioses Spiel mit Sprache, das nun auf Basis des Gedichtbandes „Neue Weltchirurgie“ auch bei uns im MCS.1 erlebbar sein wird.
Marek, ist die „Neue Weltchirurgie“ eigentlich Kunst oder kann das dann auch wieder weg?
Ich habe mich im Rahmen des Projekts bewusst nicht als Künstler betitelt, sondern als Herausgeber. Ich verstehe mich als der, der sichtbar macht. Ob das Kunst ist, weiß ich nicht. Aber auch dazu werden die Leute vielleicht ihre eigene Meinung haben. Kunst oder nicht – für mich war das bei der Umsetzung keine entscheidende Frage.
Viel Entscheidender ist dafür der Faktor Text in diesem ganzen Versuchsaufbau. Woher kommt Deine Begeisterung für Sprache?
Ich habe schon immer gerne gelesen, gerne Sprache konsumiert. Irgendwann habe ich auch ein bisschen Germanistik studiert und merkte, dass mich die Linguistik sehr interessiert. Dieser Versuch zu verstehen, wie Sprache funktioniert, wie Bedeutung entsteht. Das ist hängengeblieben, obwohl ich das Fach nicht weiter studierte. In meinem gestalterischen Studium kam das dann wieder zurück. Die „Neue Weltchirurgie“ ist letztlich das Projekt eines Semesters in meinem Kommunikationsdesign-Studium.
Dein gestalterisches Studium gab dem Ganzen schließlich seine Form?
Ich habe der „Neuen Weltchirurgie“ tatsächlich eine eher edle Form gegeben, habe einen klassischen Gedichtband realisiert. Sozusagen als Kontrast zu den verzerrten, vielleicht sogar verunstalteten klassischen Werken. Diese Diskrepanz fand ich tatsächlich witzig.